Wergeland

Wergeland

Wergeland, Henrik, norweg. Dichter, geb. 17. Juni 1808 in Christiania, gest. daselbst 12. Aug. 1845, war der Sohn des einflußreichen Patrioten und Dänenhassers Nicolai W., Propst auf Eidsvold (vgl. seine Biographie von Bergsgaard, Christ. 1908), studierte in Christiania Theologie und erregte großes Aufsehen mit den durch Tagesfragen angeregten Farcen »Ah« (1827), »Irreparabile Tempus« (1828), die er nebst elf andern unter dem Pseudonym Siful Sifadda herausgab. Seine zahlreichen Schriften aus dieser Periode, unter anderm die Gedichtsammlungen 1829 und 1833, offenbarten einen Dichter von ungemeiner Begabung, der-aber durch wilde Phantasie und undurchsichtige, gleichsam überstürzte Form befremdete. Desto größere Popularität erwarb er sich als Führer der nationalistischen Partei, die im Anschluß an die Ideen des englischen Rationalismus und der Julirevolution für Freiheit und Selbstregierung des Volkes kämpfte. Als W. 1830 das Gedicht »Die Schöpfung, der Mensch und Messias« herausgab, in dem er in rationalistisch-republikanischem Geiste die wichtigsten Epochen in der Entwickelung des Menschengeschlechts darstellte, erschien von Welhaven (s. d.) eine ungünstige Kritik: »Henrik Wergelands Dichtkunst und Polemik« (1832), worin dieser Vertreter der dänischen Überlieferung das Einheimische als Barbarei der gemeinsam dänisch-norwegischen Kultur gegenüberstellte. Der daraus erwachsene Streit umfaßte alle Entwickelungsmöglichkeiten und die ganze Zukunft Norwegens (vgl. Norwegische Literatur). W. war durch seine Zeitungen »Statsborgeren« (1835–37) und »For Arbeidsklassen« (1840–45), durch Volksschriften, Reisen, Gespräche, Reden rastlos bemüht, das Volk aufzuklären, ließ sich aber bewegen, 1838 eine kleine Pension von dem ihn sehr schätzenden König Karl Johan und einen Posten als Reichsarchivar anzunehmen, und wurde infolgedessen von vielen als Verräter an seiner Sache betrachtet. Je einsamer es um ihn herum wurde, desto schöner entfaltete sich seine Kunst. Schon die Dramen »Die Kindsmörderin« (1825), »Die Campbells« (1838) und »Die Venezianer« zeigen größere Herrschaft über die sprudelnde Phantasie; seine Meisterwerke: »Jan van Huysums Blumenstück« (1840), »Der Jude«, »Die Jüdin« (deutsch dramatisiert von Winter-Hjelm, Leipz. 1894), »Der englische Lotse« (1844), schrieb er nebst vielen andern Dichtungen auf dem Krankenlager. W. zeichnete sich als Dichter durch großen Schönheitssinn, Kraft der Phantasie und tiefes Naturgefühl, als Politiker durch leidenschaftlichen Idealismus aus, so daß er in der norwegischen Geschichte als eine der bedeutendsten Gestalten hervorragt. Eine Ausgabe seiner Schriften besorgte Lassen (Christ. 1852 bis 1857, 9 Bde.), eine Auswahl erschien in Kopenhagen (1882–84, 9 Bde.). Vgl. Lassen, Henrik W. og hans Samtid (2. Aufl., Christ. 1877); Vullum, Henrik W. i Digt og Liv (das. 1881); Skavlan, Henrik W. (das. 1892); Koht, Henrik W. (das. 1907).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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