Karpaten

Karpaten

Karpaten (Karpak, Krapak, Karpatisches Gebirge), eigenes Gebirgssystem in Südosteuropa, welches das östliche Hocheuropa bildet u. den östlichen Flügel des großen Gebirgsbogens von Centraleuropa ausmacht; sie ziehen in einem weiten Halbkreise von Orsowa an der Donau um Siebenbürgen u. Ungarn herum, zugleich jenes ganz, dieses theilweise erfüllend, bis zur oberen Oder, Beczwa u. March u. bilden also eine Umwallung des Tieflandes der mittleren u. unteren Donau, durch diese vom System der Alpen u. des Balkan, durch die Eintiefung der March, die Beczwa u. Oder vom Sudetischen Gebirgssystem geschieden; sie haben eine Ausdehnung von 110 Meilen, überlagern einen Flächenraum von 3000 QM. u. gehören politisch fast ganz dem Kaiserthum Österreich an. Sie zerfallen in 3 Haupttheile: a) Das Plateau von Siebenbürgen erstreckt sich von der walachischen Tiefebene bis zu den Quellen der Theiß, Großen Samosch u. Goldenen Bistrizza, 1200 QM.: aa) das Innere, ein Hügelland von durchschnittlich 1200 Fuß Höhe, das zu den hohen Gebirgsrändern ansteigt. Diese sind: bb) die Transsylvanischen Alpen im Süden u. Osten, durchschnittlich 6000 Fuß hoch, breite wallartige Ketten, auf dem Südrand heißen sie von der 8100 Fuß hohen Butschetsch (Bucsesd) an das Fagarascher Gebirge, ein geschlossener Felsenkamm bis zum Durchbruch der Aluta (Rother Thurmpaß), westlich über den Vulkanpaß weiter das Hatzeger Gebirge bis zur Czerna; auf dem Ostrande stehen mehre nicht durchbrochene Parallelketten mit dem Büdös, 9000 Fuß hoch; von ihm läuft zwischen dem Großen Kokel u. der Aluta das niedrige Schäsburger Gebirge nach Westsüdwesten; cc) das Siebenbürgische Erzgebirge auf dem West- u. Nordrande, s. Erzgebirge 4). b) Das Karpatische Waldgebirge zieht von der Nordgrenze der Transsylvanischen Alpen als ein aus vielen niederen Berggruppen zusammengesetztes Gebirgssystem mit vielen Unterbrechungen u. Senkungen nach Westnordwesten die zum Hernad u. Poprad, 45 Meilen lang, 10–15 Meilen breit; die höchsten Berge: der Pietrosza im Quellbezirke der Theiß 6800 Fuß hoch, u. der Szereinke an der Sanquelle 4000 F. hoch; aus Ungarn führen über diese Gebirge nach Galizien der Paß Magyarenweg u. der Jawaruczipaß. c) Das Karpatische Hochland, od. die K. im engeren Sinne, besteht aus vier Hauptgruppen: aa) Der Tatra (Centralkarpaten, Karpath) erhebt sich in inselartiger Isolirung aus den Thälern der Poprad (Kesmarker Ebene), Donajec (Neumarker Ebene), der Waag (Liptaurer Ebene) u. Arva (Arvaer Ebene), deren Quellen hier liegen, als Hochgebirg über die waldigen Mittelgebirgsgruppen, 8 Meilen lang, 2–3 Meilen breit; seine Hauptmasse ist Granitbildung mit Kalk im Westen u. Gneis im Osten; Kamm 6000–6500 Fuß hoch; auf ihm eine Menge pyramidalische Granitgipfel, darunter die Lomnitzer Spitze 8123 (8304) Fuß hoch, der Eisthaler Thurm 8100 (8209) Fuß, der Wissoka (Wisloka) 7800 Fuß, der Kryvan (in der Liptau) 7600 Fuß, die Gerlsdorfer Spitze 8300 Fuß hoch u.a.; bb) die Ungarischen Erzgebirge, dem Tatra südlich vorliegend, im Osten der Waag, im Westen von Töpl u. Bodrog, im Norden der oberungarischen Ebene, s. Erzgebirge 5); cc) die Beskiden, nördlich u. nordwestlich vom Tatra, vom Donajec bis zur Beczwa u. March. Im Osten führen sie verschiedene Specialnamen; hier liegt die Babia Gora, 5400 Fuß. Im Westen, zwischen Weichsel u. Beczwa, heißen sie Jablunkagebirge, enthalten die Lissa-Hora, 4260 Fuß hoch u. den Jablunkapaß (aus dem Thale der Arve in das der Olsa); dd) die Kleinen K. (Weiße K.) ziehen von der Beczwaquelle zwischen Waag u. March bis zur Donau bei Presburg, 20 Meilen lang, 1500–2400 Fuß hoch, in den einzelnen Theilen verschiedene Namen führend. Das ganze Gebirge, namentlich aber die Tatra, ist von großem Einflusse für die Luftbeschaffenheit, Windrichtung u. das Klima der anliegenden Länder; die Nordseite, von den kalten Nordwinden getroffen, ist rauher, als die von den warmen Südwinden noch erreichte Südseite, an welcher daher Wein, Mais u. vorzügliches Obst selbst noch in hoher Lage gedeihen; die höchsten Spitzen sind nackter Fels; am höchsten beginnt die Vegetation mit Moosen u. Alpenkräuter bis etwa 6700 Fuß Höhe; dann die Region des Krummholzes bis 5500 Fuß, des Nadelholzes bis 4200 Fuß, der Buchen bis 3500 Fuß, dann folgen üppige Wiesenthäler. Die Gebirgsmassen der Centralkarpaten sind Gneiß, Granit, Thonschiefer, Übergangskalk, Trachyt, Basalt, Dolomit; der Büdös in Siebenbürgen ist vulkanisch. Die Alpenkalk- u. Grauwackebildungen enthalten Eisen- u. Kupfererze, die Porphyr-, Glimmerschiefer-, Gneiß- u. Granitgebirge Gold- u. Silbererz; an der Nordseite in Galizien gibt es große Steinsalzlager u. viele Salzquellen, in Ungarn viele Sauerquellen, u. die Sandstein- u. Tertiärgebirge enthalten bedeutende Steinkohlenlager. Merkwürdig sind die vielen Seen in den K.; die bedeutendsten sind der Pribliner, der Popper-, das Meerauge od. der Grüne See, der Rothe, der Große Polnische, der Hodosch-See.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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