Markomannen

Markomannen

Markomannen, bei den römischen Schriftstellern Marcomanni (die in der Mark, d.h. die im Grenz- od. Waldlande wohnenden Männer), eine hochdeutsche Völkerschaft, die zur Zeit des Cäsar u. Drusus ihre Wohnsitze am mittlern u. obern Main gehabt zu haben scheint; um dem Andringen der Römer zu entgehen, zogen sie unter Marbod (s.d.) um das Jahr 10 v. Chr. nach Böhmen. Hier bildeten sie den Kern, von Marbod's Reiche u. blieben auch, an der monarchischen Regierung festhaltend, nach dessen Zerfallen mächtig. Ihre Herrschaft erstreckte, sich über Mähren bis südlich zur Donau, wo, sie um 88 n. Chr. einen Angriff des Domitian zurückschlugen. Nach glücklichen Streifzügen in Pannonien wurden sie durch Nerva's Sieg u. Trajans Regierung in Zaum gehalten, stärkten sich aber unterdessen durch Bündnisse mit den Mariskern, Hermunduren, Jazygen, Sueven, Sarmaten, Buriern zu einem Einfall in das Römische Gebiet, mit dem unter Marc Aurel der Markomannische Krieg (166–180) eröffnet ward, an dem auch viele andere germanische Völker Theil nahmen. Der Markomannenkönig Markomir überschritt mit diesen die Donau, wo er sich in Illyrien u. selbst in Griechenland Wohnsitze zu erkämpfen suchte. In den drei ersten Jahren sicherten u. befestigten die Kaiser Marc Aurel u. Verus nur die italienischen u. illyrischen Grenzen; als aber der prätorianische Präfect Vindex, mit Verlust von 20,000 Mann, geschlagen worden war, rückte Antonius gegen die M. u. bekriegte sie, bis diese u. die Jazygen 174 um Frieden baten, worauf Marc Aurel die Quaden besiegte u. nach u. nach den größten Theil der germanischen Völker zwang, um Frieden zu bitten. Ein neuer Ausstand der M. 178 rief ihn abermals nach Germanien; doch ehe er daselbst[901] anlangte, hatte sein Feldherr Paternus bereits einen vollständigen Sieg über die M. erfochten. Der Kaiser Commodus schloß 180 Frieden mit ihnen. Sie mußten Geiseln geben, die Gefangenen ausliefern, Tribut an Getreide entrichten u. Hülfstruppen stellen. Während der ersten Hälfte des 3. Jahrh. gelang es der Politik der römischen Kaiser, die Grenzvölker an der Donau untereinander in Uneinigkeit zu erhalten, bis mit 270 ein allgemeines Vordringen auf der ganzen Linie begann. Die M. streiften jetzt bis Ancona u. erschreckten selbst Rom; nur mit größter Anstrengung vermochte sie Kaiser Aurelian über die Donau zurückzuwerfen u. einen Frieden zu erlangen. Mit dem 4. Jahrh. verliert sich der Name der M., doch scheinen aus ihrem Volke die Baiern hervorgegangen zu sein.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Markomannen — (»die in der Mark, d. h. an der Grenze, wohnenden Männer«), germanische, dem Suevenbund angehörige Völkerschaft, die zwischen der mittlern Elbe und der Oder wohnte (s. Karte »Germanien«). Marbod führte sie (um 10 v. Chr.) nach dem Lande der Bojer …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Markomannen — Markomannen, alte seuvische Völkerschaft, zwischen dem mittlern und obern Main, dem Oberrhein und der obern Donau seßhaft; von Marbod etwa 8 v.Chr. in das heutige Böhmen geführt, brachen sie zur Zeit Marc Aurels ins Röm. Reich ein… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Markomannen — Markomannen, ein Volk im Osten von Germanien, in Böhmen und Mähren; unter ihrem Anführer Marbod drangen sie in s Land der Bojer (Böheim), stifteten einen Bund gegen die Römer, schlugen den Kaiser Domitian, führten mit mehrern Völkerschaften… …   Damen Conversations Lexikon

  • Markomannen — Markomannen, d.h. Gränzmänner, das deutsche Volk, das Marbod (s.d.) nach Böhmen führte; nach der Niederlage durch die Cherusker erscheinen sie im 2. Jahrh. n. Chr. wieder als ein mächtiges Volk, das unter Domitian, Trajan und Hadrian Angriffe… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Markomannen — Marcus Aurelius, Markomannenhäuptlinge begnadigend Relief eines unbekannten Ehrenbogens für Marc Aurel Die Markomannen waren ein suebischer Volksstamm der Germanen. Der Name setzt sich aus Mark (Grenzland) und Männer zusammen …   Deutsch Wikipedia

  • Markomannen — Markomạnnen,   lateinisch Marcomạnni [»Bewohner einer Mark«], elbgermanischer Stamm, erstmals 58 v. Chr. im Heer des Ariovist genannt, siedelte zunächst im Maingebiet. Nach einer Niederlage gegen die Römer unter Drusus (9 v. Chr.) und der… …   Universal-Lexikon

  • Markomannen-Kriege — Szene aus den Markomannenkriegen: Mark Aurel begnadigt Germanenhäuptlinge Unter dem Begriff Markomannenkriege werden die Auseinandersetzungen zwischen dem Römischen Reich und den germanischen und sarmatischen Stämmen hauptsächlich im Bereich der… …   Deutsch Wikipedia

  • Germanische Stämme — Als Germanen wird eine Anzahl von Stämmen in Mitteleuropa und im südlichen Skandinavien bezeichnet, deren ethnische Identität in der Forschung traditionell über die Sprache bestimmt wird. Kennzeichen sind bestimmte Lautwandel gegenüber der… …   Deutsch Wikipedia

  • Germanische Völker — Als Germanen wird eine Anzahl von Stämmen in Mitteleuropa und im südlichen Skandinavien bezeichnet, deren ethnische Identität in der Forschung traditionell über die Sprache bestimmt wird. Kennzeichen sind bestimmte Lautwandel gegenüber der… …   Deutsch Wikipedia

  • Ostgermanen — Als Germanen wird eine Anzahl von Stämmen in Mitteleuropa und im südlichen Skandinavien bezeichnet, deren ethnische Identität in der Forschung traditionell über die Sprache bestimmt wird. Kennzeichen sind bestimmte Lautwandel gegenüber der… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”